Vorurteile?
Mit Kommunikationshilfen gehen oft auch natürlicherweise Vorurteile einher. Gerne stellen wir Ihnen einige vor und zeigen auf, was Kommunikationshilfen eigentlich für Betroffene ermöglichen können.
"Kommunikationshilfen verhindern die Lautsprache!"
Im Gegenteil: Es besteht ein positiver Zusammenhang (Korrelation) zwischen Einsatz von UK und der Verbesserung der aktiven Lautsprache. Effektivitätsstudien zum Einsatz von elektronischen Kommunikationshilfen bei Sprachbeeinträchtigungen belegen dies (vgl. Nobis-Bosch et al. 2010). Zudem ermöglicht UK zeitnah die aktive Teilnahme an der Kommunikation und gleicht damit noch bestehende Einschränkungen in der expressiven Sprache aus. Bei Kindern wurde zudem nachgewiesen, dass Hilfsmittel diese weder in ihrer Sprachentwicklung noch die in der verbalen Sprache verzögert oder behindert werden. Je mehr ein Kind ausdrücken kann, desto mehr wird es sich ausdrücken wollen. Viele Kinder beginnen gerade dank dem Kommunikationshilfsmittel erst zu sprechen oder erweitern ihren Wortschatz merklich.
"Ich verstehe ihn ja"
Kommunikation kommt aus dem lateinischen und wird als Bezeichnung für den Austausch und die Übertragung von Informationen verstanden. Im Wort Kommunikation steckt die Bezeichnung „Communio“ (lat.), was für Gemeinschaft steht. Kommunikation ist eine Sozialhandlung, welche erst eine Teilhabe wie auch Inklusion in einer Gemeinschaft ermöglicht. Diese Grundüberlegung ist sehr wichtig, jeder Mensch soll die Möglichkeit erhalten sich auf seinem Niveau auszutauschen. Es soll dabei keine Rolle spielen, ob das nur einige Wörter oder Sätze sind. Wichtig ist es, zu verstehen, dass es für die Kommunikation nicht ausreicht einfach nur Bedürfnisse zu vermitteln und diese zu verstehen (funktionelle Kommunikation). Bei reinen Bedürfnisäusserungen oder der Rückmeldung durch Nicken und Verneinen werden die Aspekte des Austausches und der wichtigen Selbstdarstellung bei der Kommunikation völlig ausser Acht gelassen. Dank einer Kommunikationshilfe wird es für Nutzer möglich sich selbständig zu äussern und so ebenfalls die Möglichkeit einer Teilhabe zu erleben, ohne dabei von anderen abhängig zu sein.
"Das ist noch viel zu früh!"
Wenn über Kommunikation gesprochen wird, denken viele häufig direkt an Worte, die gesprochen werden. Dabei ist Kommunikation wesentlich mehr. Lautsprache wird sehr häufig in Kombination mit anderen Methoden wie Zeigen, Gesten, Mimik, oder Körpersprache genutzt.
Kleinkinder kommunizieren als Reaktion auf körperliche Antriebe wie Hunger, Ermüdung oder Unwohlsein über Weinen, Mimik und Körpersprache. Bevor es uns vielleicht bewusst wird, lachen sie als Reaktion auf einen externen Reiz wie vielleicht die Ankunft der Eltern. Es wird erwartet, dass die Kleinen auf Dinge, die sie wollen zeigen und lautieren, während die Eltern bereits gespannt auf die ersten Worte warten. Es kann unterschiedlichste Ursachen haben, weshalb Kinder ihre Lautsprache erst verzögert, eingeschränkt oder gar nicht entwickeln. Oft kommt Unterstützte Kommunikation in diesen Fällen erst zum Einsatz, wenn sich herausgestellt hat, dass das Kind auch künftig nicht verständlich sprechen kann. Dabei sollte aber beachtet werden, dass eine solche Entscheidung negative Folgen haben kann (Cress & Marvin, 2003; Romski & Sevcik, 2005). Die Entwicklung von Kommunikation und Sprache beeinflusst auch Entwicklungen in anderen Bereichen wie bspw. Kognition, Lese- und Schreibfähigkeiten, Spielverhalten wie auch die soziale Interaktion.
Unterstützte Kommunikation bietet das Potential, die wichtigsten Fähigkeiten für ein produktives Leben zu erweitern. Es können parallel Bedürfnisse der Lautsprache als auch der UK gefördert (DeThorne, 2009) und Fortschritte in beiden Bereichen erzielt werden (Schepis, 1996). Daher sollte Unterstütze Kommunikation kleinen Kindern nicht zu spät angeboten werden.
Romski & Sevcik (2005) erinnern daran, dass die "die Nutzung von UK nicht vom Scheitern der Entwicklung der Lautsprache abhängig gemacht oder als letzte Möglichkeit angeboten werden sollte, da UK viele Rollen in der frühen kommunikativen Entwicklung einnehmen kann".